AZERTY amélioré – French keyboard layout optimized

AZERTY amélioré – verbessertes französisches Tastaturlayout

Im Jahr 2015 richtete das französische Kulturministerium ein Schreiben an das französische Parlament und kritisierte den Mangel an Standards für ein Tastaturlayout. Es wurde darauf hingewiesen, dass es in Azerty, dem traditionellen Layout, keine Sonderzeichen (wie À, œ, etc.) gibt, die für das "richtige" Französisch benötigt werden, und dass es viele Varianten gibt. Das Ministerium war besorgt, dass dies den ordnungsgemäßen Gebrauch der Sprache behindert. So wurde beispielsweise einigen Franzosen fälschlicherweise beigebracht, dass Akzente für Großbuchstaben (É, À, etc.) optional sind, was manchmal durch den Hinweis auf ihre Abwesenheit in Azerty gerechtfertigt wurde. Ein Jahr später wurde AFNOR, die französische nationale Organisation für Normung, mit der Erarbeitung einer Norm beauftragt, die diese Probleme löst. Wir, Maximilian John und Andreas Karrenbauer, kamen 2016 als Optimierungsexperten zu diesem Projekt.  

Unsere Aufgabe war es, die Platzierung der Sonderzeichen der traditionellen Azerty-Tastatur zu ändern, während Buchstaben und Zahlen an den bekannten Positionen bleiben. Über die bisherige Arbeit hinaus war es unser Ziel, nicht nur eine hohe Schreibleistung zu gewährleisten, sondern auch Ergonomie und Lernfähigkeit zu berücksichtigen.  

Dies war jedoch kein typischer Fall einer einmaligen Optimierung mit einem klar definierten Modell, das nur gelöst werden muss, da ein so starrer Ansatz nur eine schlechte Unterstützung für solche komplexen soziotechnischen Vorhaben bietet. Es handelte sich vielmehr um einen Prozess, der als partizipative Optimierung mit mehreren Teilnehmern aus verschiedenen Fachgebieten, mit unterschiedlichen und widersprüchlichen Meinungen, die sich im Laufe der Zeit gewandelt haben (z.B. die Menge der einzubindenden Sonderzeichen und ihre jeweilige Bedeutung), beschrieben werden konnte. Darüber hinaus wurde auch die Öffentlichkeit konsultiert.  
In zahlreichen Besprechungen diskutierte der Standardisierungsausschuss mehrere Lösungen, bewertete die Auswirkungen manueller Änderungen auf verschiedene Teile des Ziels und änderte das Optimierungsmodell, um einen Kompromiss zu finden. Der gesamte Standardisierungsprozess bestand daher aus mehreren Runden der Datenerfassung, der Anpassung des mathematischen Modells an das Problem, der Suche nach einer (nahezu) optimalen Tastatur, der Präsentation vor dem Ausschuss, der weitere Wünsche für das Ziel äußerte, der Änderung der Gewichtung seiner Komponenten und dem Hinzufügen oder Entfernen bestimmter Zeichen.
Schließlich stabilisierte sich die Zielfunktion als Kombination von vier verschiedenen Parametern:  
Leistung - Sonderzeichen, die häufig in Kombination mit festen Zeichen verwendet werden, sollten eng beieinander liegen, um die Zeit zum Tippen zu minimieren;
Ergonomie - häufig verwendete Sonderzeichen sollten zentral auf der Tastatur stehen, um ungesunde Dehnungen der Finger zu vermeiden;
Intuitivität - Sonderzeichen sollten in der Nähe von ähnlichen festen Zeichen und anderen Sonderzeichen platziert werden, um das Auffinden auf der Tastatur zu erleichtern;
Vertrautheit - häufige Sonderzeichen sollten in der Original-AZERTY-Tastatur nahe ihrer Position platziert werden, wenn dieses Zeichen bereits dort positioniert war.

Je nach dessen Anforderungen haben wir dem Ausschuss mehrere Lösungen angeboten. Dazu konnten wir eine neue Methode entwickeln, um die Qualität von Lösungen schnell zu bewerten: mit einem neuartigen Ansatz [2] zur Spaltenerzeugung, der die für diesen Anwendungsfall übliche Sparsity des quadratischen Teils der Zielfunktion ausnutzt. Es ist wichtig diese Grenzen in akzeptabler Zeit zu erreichen, denn die Entscheidung über Modelländerungen auf der Grundlage sehr suboptimaler Lösungen ist sinnlos, da die beobachtete Lösung das aktuelle Modell möglicherweise nicht richtig darstellt. Es reicht daher nicht aus, nur nahezu optimale Lösungen zu finden, sondern auch ein klares Bild von deren Qualität zu haben, das einen fundierten Diskussions- und Entscheidungsprozess ermöglicht. Vor allem die Anforderung an Intuitivität erschwerte das Optimierungsproblem, da dies zu einer quadratischen Zielfunktion führt und somit quadratische Zuordnungsprobleme (QAP) ergibt, die in der Regel sehr schwer zu lösen sind. Dies erschwerte den Einsatz der Rechnerunterstützung in einem solchen Standardisierungsprozess, da nicht nur nach der öffentlichen Umfrage, sondern auch bei jeder Ausschusssitzung das zugrundeliegende Modell aktualisiert und neue Lösungen berechnet wurden.

Schließlich einigte sich der Expertenausschuss auf ein Layout für den neuen französischen Tastaturstandard[1], der am 2. April 2019 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde.

Referenzen

  1. AFNOR. Interfaces utilisateurs - Dispositions de clavier bureautique français, NF Z71-300, Avril 2019. La Plaine Saint-Denis: AFNOR, Version de 2019-04-P, 85 p.

  2. M. John and A. Karrenbauer. Dynamic sparsification for quadratic assignment problems. In M. Khachay, Y. Kochetov, and P. Pardalos, editors, Mathematical Optimization Theory and Operations Research, pages 232{246, Cham, 2019. Springer International Publishing.

Andreas Karrenbauer

Abtl. 1 Algorithmen and Komplexität
Phone
+49 681 9325 1007
Email: karrenba@mpi-inf.mpg.de